Nach meinem Aufenthalt im Paradies bin ich einmal 4500 km fast komplett an’s andere Ende von Indonesien geflogen. Genauer gesagt nach Sumatra. Mir war zwar klar, dass ich hier wahrscheinlich auch keine Tiger treffen werde (ich muss wohl oder übel doch noch einmal nach Indien zurück), dafür gibt es hier eine weitere höchst bedrohte Menschenaffen-Art. Aber der Reihe nach.
Vom Luxus zur Einfachheit
Ich flog von Sorong via Jakarta nach Medan, der drittgrößten Stadt Indonesiens. Diese hat aus touristischer Sicht eher wenig zu bieten, daher bin ich einfach nur in mein (echt schönes) Hotel, wo ich dann gleich am nächsten Morgen von einem Fahrer abgeholt und nach Bukit Lawang gebracht wurde. Das war geradezu ein Kulturschock. Nicht nur, dass die Straßen raus in den Dschungel stellenweise sehr schlecht sind, man wird auch etwa 300-400m vor der Unterkunft abgesetzt, da es schlichtweg keine Straße bis dort hin gibt. Die Unterkünfte sind alle extrem einfach und leider lassen sich Moskitos und Krabbeltiere nicht 100% vermeiden. Aber: Das wollte ich ja. Ich hatte 3 Tage Dschungeltrekking inkl. 2 Übernachtungen im Dschungel von hier aus gebucht! Nach der Ankunft habe ich also erst einmal das Dorf erkundet und habe erfolgreich meine Angst vor Hängebrücken gemeistert – das hätte mir in Nepal mal jemand sagen sollen, dass ich Ende des Jahres 4x am Tag über wackelige Hängebrücken stapfen werde!
Tragödie
Am 2. November 2003, also vor fast genau 20 Jahren, war Bukit Lawang bereits eine aufstrebende Touristen-Destination für Dschungel-Fans. Es hatte einige Tage lang ordentlich geregnet (immerhin ist hier zu der Zeit Regenzeit). Wahrscheinlich durch illegalen Holzabbau im Nationalpark kam es zu Bodenerosion und damit verbundenen Erdrutschen, die den Fluss weiter oberhalb für eine unbekannte Zeit aufstauten. Bis zum 2. November… Abends brachen die natürlichen Dämme. Um 22 Uhr fegte eine 12-15m hohe Flut-, Schlamm- und Holzwelle das Tal herab. Es gab mehrere hundert Tote, darunter auch viele Touristen. Seitdem ist natürlich viel Zeit vergangen. Erst wollte man gegen die illegalen Holzfäller vorgehen, dann hat die Regierung jedoch zurück gerudert. Bis heute wird im Nationalpark illegal Edelholz geschlagen und über die Seestraße nach Malaysia geschmuggelt, wo es vor allem nach China verkauft wird. Stellt euch einfach diesen Fluss 12-15m höher vor…
Dschungelmenschen
So sehr mich due Auswirkungen des Raubbaus an der Natur und das Schicksal einer ganzen Generation betroffen gemacht hat, ich war ja eigentlich nur aus einem Grund dort. Also ging es nach einer Nacht in meinem schnuckeligen Guesthouse los in den Dschungel. Mit dabei: 2 super liebe Spanier und ein unheimlich lieber Neuseeländer sowie 2 Guides und ein Lager-Helfer/Träger/Koch. Nach nur 30 Minuten Aufstieg hieß es dann plötzlich: “Da ist sie”
Ratna ist an Menschen gewöhnt, da sie bis COVID von Rangern regelmäßig gefüttert wurde. Sie “hängt” daher immer noch rund um die Plattform herum. Heute ist das Füttern aber verboten. Da sie trotzdem immer mal gucken kommt, ob nicht doch etwas für sie abfällt, ergeben sich ziemlich starke und nahe Begegnungen!
Affenzirkus
Damit ging für mich ein großer Traum in Erfüllung, neben Gorillas und Schimpansen auch Orang Utangs in ihrer natürlichen Umgebung beobachten zu dürfen. Aber auch drum herum trieben sich noch viele lustige Gesellen herum. Es war großartig sie alle beobachten zu können!
Trekkig im Dschungel ist hart…
Nach einer guten Weile ging es dann für uns weiter in den Dschungel. Dabei sind wir viele, lange, steile, rutschige Berge raus und wieder herunter gekraxelt. Tatsächlich war das so krass, dass ich zum zweiten Mal in meinem Leben (nach Nepal) vor Anstrengung so etwas wie einen Asthma-Anfall hatte und wirklich absolut keine Luft mehr bekam. Und hier kommen meine Mit-Teilnehmer ins Spiel. Sie haben immer auf mich langsame Kröte gewartet, ohne dass ich den Eindruck hatte, sie machen mir Stress oder sind genervt. Im Gegenteil, sie haben einfach immer in Ruhe den Wald genossen. Nacho, der Neuseeländer, hat später meinen Rucksack übernommen. Der Guide hat mir einfach kommentarlos einen Gehstock in die Hand gedrückt. Und trotz vieler Pausen (mit Mittagessen und Früchten und Tee) und kurzem Schauer am Nachmittag, sind wir dann noch vor dem großen Platzregen in unserem Camp eingetrudelt.
Die Guides haben irgendwann mal ein lustiges kleines Lied zum Trekking gedichtet. Dankenswerterweise durfte ich Nang Nang filmen und es euch hier vorführen :D (Ton an!)
Neben Gesang und Spiel gab es am Abend und in der Nacht aber vor allem eines: Die Geräusche des Dschungels! Es gab ein Freiluft-Klo (mit Plane abgehängt). Es war etwas Abseits, daher habe ich von dort aus einmal rundum gefilmt für euch (Ton an!) Aich sage euch, ich habe geschlafen wie ein Baby! Traumhaft!
Abbruch
Am nächsten Morgen konnte ich kaum aufstehen, so taten mir die Beine weh. Tatsächlich hatte ich mich am Vorabend schon mit den Guides und meinen Mit-Trekkern unterhalten und über Nacht beschlossen, dass ich den zweiten Tag nicht komplett wandern können werde. Am zweiten Tag sollte es NOCH mehr Berge rauf und runter gehen, NOCH steiler und länger.
Ich bin statt dessen mit Rahim, unserem Koch/Träger/Helfer, am Fluss entlang (flach) zurück ins Dorf gelaufen. Was man mir nicht gesagt hatte (und ich dann vor Aufregung auch nicht gefilmt habe bzw. filmen lassen) war, dass die Brücke, die wir hätten nehmen müssen, leider kaputt war und wir mitten durch den großen, reißenden Fluss mussten. Bauchnabeltief. Mit ordentlich Strömung drauf. Also Augen zu und durch. 3 Leute kamen zur Hilfe, einer nahm meinen Rucksack, einer meine Hand und einer sicherte Stromabwärts ab. Ich wollte ja Abenteuer!
Aber auch sonst gab es durchaus viel zu sehen auf dem Weg zurück:
Hier ging es übrigens einfach nur am Flussbett entlang. Das war schön einfach :D Sogar in Flip Flops.
Nasser Pudel
Tatsächlich hatte ich vor lauter Überrumpelung bei der Flussüberquerung TOTAL vergessen, dass ich ja Schwimmsachen dabei gehabt hätte. Ich hätte mich nur fix umziehen müssen ;) Statt dessen saß ich dann wie ein nasser Pudel im Büro der Trekking-Firma und wurde einzeln bekocht. Anschließend brachte man mich in meine Unterkunft, wo man mich ja noch garnicht erwartete. Ich wollte mich aber kurz umziehen (trocken legen). Kurz darauf ging es dann den großen Haupt-Fluss hoch, um zum zweiten Dschungelcamp zu gelangen. Denn auch, wenn ich den “leichten” Weg nehmen durfte, haben alle darauf bestanden, dass ich auch die zweite Nacht im Dschungel mit der Gruppe verbringe. Wirklich die aller nettesten Menschen, die ich auf so einer Tour je kennengelernt habe! Also ging es weiter. Rahim trug dieses Mal zwei große Reifen plus Proviant und Küchenmaterial den schmalen Weg entlang… Aber seht selbst:
Die Tubes brauchten wir für den letzten Tag – als “Dschungeltaxi” zurück ins Dorf. Da ich keine GoPro mehr dabei habe, muss man sich zur Anschauung mit vorbeifahrenden Fremden begnügen, denen wir auf dem Weg begegnet sind.
Was mir übrigens keiner gesagt hat war, dass wir den großen Fluss NOCH EINMAL durchqueren mussten. Dieses Mal habe ich mich dann aber umgezogen, meine trockenen Sachen verpackt und bin in Schwimmsachen rüber. Im Camp habe ich dann eine junge Deutsche getroffen und mich ziemlich lange und gut mit ihr unterhalten. Sie ist bereits mit 18 nach Neuseeland zum Work and Travel und nach 10 Monaten dort reist sie nun eine Weile durch Südostasien. Mutiges Mädel mit dem ich mich gerne ausgetauscht habe.
Verpasst
Tatsächlich sagten die anderen, als sie zur Dämmerung auch eintrudelten, dass ich noch einmal einige Begegnungen verpasst hatte. Daher gibt es hier nur Fotos aus zweiter Hand ;) Die anderen sagten aber auch, dass es eine gute Entscheidung war, nicht mit über die Berge zu gehen. Auch sie sind alle an ihre Grenzen gekommen und es muss extrem steil und rutschig gewesen sein.
Zurück auf Anfang und letzte Begegnung
So sind wir nach einer zweiten Nacht im “Dschungelcamp” und nach einem chilligen Vormittag mit gut verpacktem Gepäck auf die Reifen geklettert und wurden von unseren großartigen Guides den reißenden Strom sicher zurück ins Dorf befördert. Ich kann jedem so eine Tour in Bukit Lawang nur empfehlen, je nach Fitnesslevel reichen jedoch 2 Tage (effektiv ein Tag wandern, ein Tag über den Fluss). Ich nahm in meiner Unterkunft meine frisch gewaschenen Sachen entgegen, gab neue Wäsche ab und entspannte ich noch einen vollen Tag auf der Terrasse – als plötzlich “Uati” und ihr Junges auf meiner Terrasse auftauchten. Und so schön diese Begegnung auch war (immerhin waren sie nur ca. 50 cm weit von mir entfernt), im Endeffekt hat sie lediglich die Mülleimer durchsucht und das ist eigentlich nicht das Verhalten, dass sie an ihr Jungtier weiter geben sollte. Auch Thomas Leaf Monkeys treiben sich übrigens regelmäßig im Garten des Guesthouses herum ^^
Eine letzte Nacht
Da ich am folgenden Tag nach Berastagi weiter fuhr, habe ich an meinem letzten Abend noch eine Nachtwanderung gebucht. Wenn man Glück hat, kann man Sundakatzen sehen sowie Hiller-Plumploris. Außerdem kann man diversen Schlangen (Kobras, Vipern, Pythons) und anderem Krabbelgetier begegnen. Leider hatte es aber vor unserer Nachtwanderung “ein bisschen” geregnet.
Da sich dann alle Tiere verstecken gab es an diesem Abend nur schlafende BulBul-Vögel, schlafende Dschungelhühner, jede Menge Frösche und die zwei Leopardkatzen, die wir finden konnten, waren leider so weit weg, dass ich nur einen Schatten ins Unterholz habe flitzen sehen. Der Ausflug fand im Übrigen nur auf Schotterwegen in der Palmöl-Plantage statt. In den Bergen wäre es (besonders nach dem Regen) viel zu gefährlich gewesen.
Zum Abschied gab es von den Guides selbst gesammelte und geschnitzte, rote Specksteine mit Orang-Utang Gesichtern. Ich musste meinen leider aus Gewichtsgründen zurücklassen.
Damit verabschiedete ich mich aus Bukit Lawang. Wie es weiter ging, davon erzähle ich dann beim nächsten Mal :)
4 Antworten
Fantastisch – danke, dass Du uns dran teilnehmen lässt. ❤️
Immer gerne liebe Iris ❤️
Wow, wieder so tolle Bilder.
Die Videos schaue ich mir die Tage noch an.
Ich wünsche Dir schon mal ein schönes Weihnachtsfest, wo auch immer auf dieser Welt und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Bin auf die weiteren Berichte sehr gespannt!!
Danke dir liebe Eva 😀 ich wünsche Dir auch (und allen) ein frohes Fest und guten Rutsch!